Bernd, Du bist ein neu im BOC, herzlich willkommen. Woher kommt dein musikalisches Interesse?
Bernd: Während und nach der Grundschule nahm ich einige Jahre Keyboardunterricht und spielte Flöte. Vor zehn Jahren kam ich für eine Hochzeit auf die Idee, ein Ständchen zu singen und Klavier zu spielen. „Alles was Du wissen musst“ von Tim Bendzko, gar nicht klassisch. Das brachte meine Cousine auf die Idee, mich mit in ihre Kantorei zu nehmen. Danach half mir das Chorsingen, während eines längeren Aufenthalts in New York, Anschluss zu finden. Zurück in Berlin nahm ich Klavierunterricht bei Andrea Wissel und lernte endlich auch die linke Hand auf der Klaviatur.
Wie unterscheiden sich Chöre in New York von denen in Berlin?
Bernd: Wenn Du als Laie mit pensionierten Musicaldarstellern singen darfst, die einfach nicht aufhören wollen zu singen, lernst Du unglaublich viel. Aber auch in Manhattan ist das Chorsingen so verbindend, wie beim BOC in Charlottenburg. Im Rückblick musste ich ins Ausland, um schätzen zu lernen, was musikhistorisch und weltkulturell in Deutschland entstanden ist. Meine Chorleiterin, Cynthia, eine überaus inspirierende Person, erzählte stolz, einmal in Leipziger Thomaskirche gewesen zu sein. Sie war stundenlang geflogen, um zu sehen, wo Bach gewirkt hat. Das war ein Augenöffner: Es ist nicht selbstverständlich, wo wir hier leben. Sie lehrte mich, wer Paul Hindemith war. Er war Hesse, wie ich. Im Chor in Brooklyn sang ich zum ersten Mal die Carmina Burana des Münchners Carl Orff. Danach musste ich unbedingt nach Benediktbeuern. Nach meiner Rückkehr 2019 war der Chor-Funke gezündet, ich wollte weiter und lernen.
Kannst Du Dich noch an Dein erstes Konzert mit dem BOC erinnern?
Bernd: Das war 2019 in der Sankt-Ludwigs-Kathedrale. Ich saß im Publikum auf der Empore und wollte die Berliner Chorlandschaft besser kennenlernen. Schon da ist mir aufgefallen, dass Thomas sprüht. Man merkt, wie sehr es ihm um die Musik geht und um das, was beim Publikum ankommt. Das Te Deum von Charpentier im Dezember 2023 war das erste BOC-Konzert, bei dem ich mitsang. Alle warteten auf die Eurovisions-Hymne, und wir wussten, jetzt kommt gleich die Gänsehaut ins Publikum. Auch die Stille am Ende der Missa Solemnis im Mai 2024 war ein Erlebnis. Nach dem Verklingen dieses immensen Stücks warteten 1.000 Leute, bis der Dirigent den Taktstock senkte. Das war der Höhepunkt nach anderthalb Jahren Arbeit.
Warum sollten Interessierte beim BOC mitmachen?
Bernd: Der BOC bietet die Chance, als Laie tolle Stücke besser kennenzulernen und in Sälen wie der Philharmonie oder im Konzerthaus aufzuführen. Das vermittelt Demut gegenüber Orten und Komponisten. Außerdem beginnt man jede Probe anders hinein, als sie endet. Schon in der Pause ist man näher bei sich und spricht mit anderen von Seele zu Seele. Das empfinde ich als Bereicherung im Alltag und zeigt, wie Musik verbindet – und dann noch in so einer Qualität.